Nicht gerade ladylike

22. Juli 2019

Larissa Papenmeier fährt die Konkurrenz in Aichwald in Grund und Boden – Den WM-Titel fest im Visier

Dreck und Staub, donnernde Motoren und viele PS – da geht vielen Männern das Herz auf. Genau das war auch beim Motocross in Aichwald wieder Programm. Wer aber glaubt, Motocross sei eine reine Männerdomäne, der irrt sich gewaltig.

Rund 200 Tage im Jahr sitzt Larissa Papenmeier auf dem Bike. Mit Erfolg: Beim achten Lauf des DMV Ladies Cup, einer reinen Frauenklasse, die dieses Jahr ihre Premiere in Aichwald feierte, fuhr die zierliche Blondine die Konkurrenz mit ihrer Yamaha schon in der Qualifikation in Grund und Boden, teilweise hatte die 29-Jährige auf einer Runde sieben Sekunden Vorsprung – das sind Welten im Motocross. Beim Rennen ließ Papenmeier ihre Konkurrentinnen dann wie erwartet eine Menge Staub schlucken: Mit großem Vorsprung auf die Zweitplatzierte Anne Borchers holte sich die Führende den Tagessieg. In der Gesamtwertung hat Papenmeier jetzt mit 200 Punkten 44 Zähler Vorsprung.

„Der Ladies Cup gilt als inoffizielle deutsche Meisterschaft. Für mich ist es aber gefühlt die deutsche Meisterschaft, schließlich gibt es national keine andere Rennserie für Frauen. Deshalb gebe ich immer Vollgas“, sagt Papenmeier, die die Serie seit einigen Jahren auch organisiert.

Weibliche Profis gibt es nicht

Das ist viel Stress – Strecken müssen ausgesucht werden, Renntermine fixiert und die Fahrerinnen organisiert werden, alles neben dem Halbtagsjob in der Buchhaltung einer großen Firma. Denn vom Motocross leben zu können, davon können die Fahrerinnen in Deutschland nur träumen. „Das ist in anderen Ländern leichter, vor allen Dingen, wenn da die Hersteller sitzen“, weiß Papenmeier: „Hier bezieht man über die Hersteller meist nur das Material, was natürlich auch gut ist – aber wirklich Geld fließt eher selten.“

Mit rund 40 000 Euro veranschlagt die 29-Jährige aus Bünde in Westfalen ihr jährliches Budget, das sie mit ihren Preisgeldern und der Unterstützung von rund 20 Sponsoren stemmt. Ihr bewährtes Team besteht aus einem Mechaniker und dessen Frau, die Papenmeiers Rennorganisation übernimmt, und ihrem Freund, der sich um Dinge wie Öffentlichkeitsarbeit und Sponsoren kümmert, aber auch für das komplette Team im Wohnmobil Spaghetti kocht. Immer dabei ist auch der quirlige Jack-Russell-Terrier Milo, der in Aichwald seine Nase tief in die Mäuselöcher der Fahrerlager-Wiese steckte und sich um das ganze Tohuwabohu drumherum nicht viel scherte. „Das macht er immer so“, grinst Papenmeier, die am Wochenende nach Aichwald den nächsten Lauf zur WMX, der Frauen-Weltmeisterschaft, im tschechischen Loket auf dem Rennplan hat.

Im WMX-Klassement belegt sie derzeit Rang drei, hat aber nur sieben Punkte Rückstand auf die führende Neuseeländerin Courtney Duncan. „Da ist noch was drin, der Titel wäre mein größter Traum.“ Fast hätte es schon mal geklappt: 2009 feierte Papenmeier mit der Vize-Weltmeisterschaft ihren bislang größten sportlichen Erfolg, 2018 landete sie auf dem dritten Platz. „In der WM-Serie merkt man schon, dass die meisten Top-Ten-Pilotinnen Profis sind“, sagt sie. Die Europameisterschaftsserie darf Papenmeier übrigens nicht mitfahren: „Das steht so im Reglement: Für die Top vier der WM aus dem Vorjahr ist die EM tabu. Warum auch immer.“

So hält sie sich neben dem Ladies Cup, bei dem sie in den vergangenen drei Jahren immer ganz oben auf dem Siegertreppchen stand, auch mit Rennen gegen Männer fit. „Das ist das beste Training für mich. Man kann unglaublich viel lernen und hat manchmal echt zu kämpfen“, erklärt Papenmeier. Einige von den Jungs finden es natürlich nicht so prickelnd, wenn die 1,53 Meter große Blondine ihnen den Rang abläuft. „Da gab es schon einige unschöne Szenen“, bestätigt die Westfalin. Insgesamt sei die Akzeptanz in der einstigen Männerhochburg Motocross aber viel besser geworden. „Es werden einfach immer mehr Mädels, die Jungs sehen, dass wir auch auf einem Top-Niveau fahren können und uns eine gute Technik erarbeitet haben.“

Papenmeier selbst saß als Fünfjährige zum ersten Mal auf ihrer eigenen Maschine. Davor musste sie aber rund eineinhalb Jahre Vorarbeit bei ihren Eltern leisten. „Die hatten mit Motocross überhaupt nichts am Hut. Ich habe das bei einem Bekannten gesehen und meine Eltern so lange genervt, bis sie mir ein Bike gekauft haben.“ Allerdings hatten Mama und Papa Papenmeier dabei eigentlich im Sinn, dass sich die neue Leidenschaft des Töchterchens spätestens mit dem erste Sturz wieder erledigt hat. Aber das war wohl nichts.

Text: Kerstin Dannath
Foto: Jochen Beck
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